Nördliches Harzvorland… Das klingt schon mal ziemlich sperrig. Was wird es dort wohl geben? Wie wird es sein? Das haben wir uns vor der Anreise gefragt. Aber dann…
Nach der Autobahnabfahrt waren wir völlig überrascht von der Weite. Und den vielen Alleen. Wir konnten uns gar nicht satt sehen. Weil hier gibt es nicht nur die üblichen Kastanien- oder Platanenalleen. Nein; hier gibt es Obstbäume. Und keine Monokultur, sondern jeder Baum ist anders. Der eine trägt gelbe Äpfel, der nächste rote. Dann kommt ein Birnbaum und dahinter ein Kirschbaum. Sofort haben wir uns gefragt, wer denn diese herrlichen Früchte ernten darf? Und wir haben auch tatsächlich einige Leute bei der Ernte gesehen. Falls man selber Pflücken möchte, lohnt sich auf jeden Fall ein Blick auf die Seite mundraub.
Auch wenn wir noch so gerne von den Früchten genascht hätten, zog es uns erst Mal in die Ferienwohnung. Die liegt in geschichtsträchtigem Gebiet. Direkt an der ehemaligen Grenze zur DDR in einem alten Bahnhofsgebäude. Das Schild an der Hauswand und die vielen Bezüge zur Eisenbahn in der Wohnung künden immer noch davon.
Gleich am nächsten Morgen machen wir uns auf, um irgendwo zu Frühstücken. An der Straße steht als Mahnmal noch ein Stück der Grenzanlage. Wenige Meter dahinter steht noch ein Wachturm. Heute können wir mal eben in den Nachbarort fahren. Noch vor wenigen Jahrzehnten undenkbar.
Bei unsere kurzen Fahrt, wird schon deutlich: hier gibt es sehr viel Landschaft und sehr viel Ausblick. Man kann ewig weit gucken. Das Land ist leicht wellig und überall gibt es Baumreihen oder schöne Solitärbäume. Herrlich. Hier kann man zur Ruhe kommen und die Seele baumeln lassen.
Zwischen all dem Grün blitzt immer mal wieder ein Dorf hervor. Mit Kirche und fast immer einem Dorfbaum. Eine Linde oder eine Kastanie. Mit einer Bank oder sogar mit Tischen. Zum Ausruhen, Innehalten oder Picknicken.
Die Häuser sind alt, aber gut erhalten. Viel Fachwerk und eine Besonderheit ist uns aufgefallen. Hier sind die Dachziegel sehr oft auch an der Fassade angebracht. Das schützt nicht nur vor der Witterung sondern sieht auch gut aus.
Neben den kleinen, urigen Dörfern sieht man aber auch riesige Gehöfte oder Gutsanlagen. Manche kann man besichtigen manche sind privat. Welche, das muss man wissen oder vorsichtig herausfinden. Denn hier geht es noch ruhig und besonnen zu. Hier gibt es keine Marktschreier in Form von blinkender Neonreklame oder Schildern vor der Tür. Und selbst wenn man genau weiß, dass hier etwas sein muss, wo ich hin kann und hin will, traut man sich oft nicht hinein. Hier ist man halt zurückhaltender.
So ging es uns beim Klostergut Heinigen. Wir wussten, dass es einen Demeterhof mit Hofladen geben soll und haben uns kaum durch das mächtige Tor getraut. Als nächstes die Frage, wo darf man hier Parken? Nichts ist ausgeschildert. Nur ein Hinweis „Demeterbauernhof“. Und dann hinter der Hecke der kleine, aber sehr feine und gut sortierte Laden. Vom Laden aus, kann man durch eine Glasscheibe in die Käserei gucken. Unbedingt den Käse probieren. Je nach Jahreszeit gibt es über 30 Sorten.
Ähnlich ging es uns beim Gutshof Lucklum. Beim Lustwandeln durch diesen imponierenden Hof fühlten wir uns fast wie Eindringlinge. Aber die Menschen sind sehr freundlich und offen. Eine Dame hat uns netterweise durch ihre Wohnung in den Gutspark geführt. Er ist weitläufig und dort gibt es riesige alte Bäume. Aber auch eine romantische Brücke und sogar einen kleinen Wasserfall. Ohne die nette Bewohnerin hätten wir ihn wohl nie entdeckt. Dafür könnte man auf dem Gelände sofort einen historischen Film drehen. Die Straßen sind gepflastert und nirgendwo stören Satellitenschüsseln oder Kabelleitungen. Himmlisch. Ein Cafe und ein Restaurant gibt es dort auch, aber das hat nur wenige Tage in der Woche offen. Wer nicht gerade am Wochenende unterwegs ist, hat meistens Pech gehabt. Aber nicht immer…
Uns zog es weiter nach Hornburg. In die Altstadt. Hier solle es über 400 Fachwerkhäuser geben. Und tatsächlich. Schon beim Auto abstellen, kamen wir aus dem Staunen nicht mehr raus. Ein Haus schöner als das andere. Mit breiten Balken, kunstvoll geschnitzt und verziert. Die Häuser sind mehrstöckig und tragen fast alle einen Spruch an der Fassade. Ein Haus reiht sich an das nächste. Breite und ganz schmale. Reich verzierte und einfache.
Die Kirche hat gerade offen, als wir ankommen. Innen drin alles aus Holz. Galerien mit Familiennamen und Jahreszahlen. Hier hat wohl jeder seinen Platz. Eine üppig verzierte Orgel und alles reich bebildert. Das kann kein armes Dorf gewesen sein. Wie schön, dass alles bis heute erhalten ist. Wie muss das sein hier zu leben? An einem solchen Ort? In so einem Haus zu sein? Was hat das Haus alles schon erlebt? Puh!
Gut, dass es hier ein Cafe gibt, was offen hat. Wir brauchen erst Mal eine Pause. Auch hier machen wir wieder eine Entdeckung: „Hornburger Fachwerk“. Ein großer Keks nach außen einfach gehalten, aber er hat es in sich. Eine Schicht Marzipan verbirgt sich unter dem Gitter und der Marmelade. Wie das Land hier… Nach außen nicht sichtbar und es gibt versteckte Kleinode, die entdeckt werden wollen.
Auch der Schlosspark von Destedt wollte entdeckt werden. Wir mussten ihn erst Mal von allen Seiten einkreisen. Auch hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Das Schloss und der riesige Park voller alter Bäume. Auch hier eine Wasserfontäne, Pfade und Wege. Man kann sich richtig vorstellen, wie früher die Damen mit ihren Sonnenschirmchen hier entlang spaziert sind.
Und so haben wir ein verstecktes Kleinod nach dem anderen entdeckt. Wie den Ruheforst, aber auch die kleinen Tante-Emma-Läden mitten im Dorf, in denen man fast alles auf kleinstem Raum bekommt. Oder die ein oder andere Windmühle, die plötzlich hinter einem Hausdach hervorlugt. Die Schokoladenmanufaktur. Die Oker. Die Landschaft…
Wenn man hier die Augen aufmacht, kann man sehr viel entdecken. Es wird einem nicht aufgedrängt sondern man kann es erspüren. Und das ist sehr sehr schön.
An schönen Landschaften und Alleen können auch wir uns nicht satt sehen. Gerade wenn man aus der Großstadt kommt und täglich nur den Straßenverkehr und die Innenstadt zu sehen bekommt, wünscht man sich einen ruhigen Urlaub mit viel Natur, einer Vielfalt von Baumarten und möglichst wenig Verkehrslärm. Die obigen Fotos zeigen sehr eindrucksvoll, dass dieser Wunsch mit genügend und regelmäßiger Landschaftspflege erfüllt werden kann.